Wo junge Frauen das Porzellanmalen lernten und Ehen arrangierten

Bild: Martin Zeller

Ein Beitrag von Jonas Bühler.

Im 18. und 19. Jahrhundert herrschte in der bürgerlichen Oberschicht die Meinung, dass die Töchter wohlhabender Familien keiner bezahlten Arbeit nachgehen sollten. Stattdessen sollten sie heiraten und die Rolle als Hausfrau und Mutter annehmen.

Um sie auf diese Rolle vorzubereiten, wurden sie nach der obligatorischen Schulzeit häufig auf sogenannte Töchterinstitute oder Töchterschulen geschickt. In diesen privaten Internaten erhielten sie Unterricht in allgemeinbildenden Fächern wie Deutsch oder Französisch, daneben lag ein Schwerpunkt auf der religiösen, hauswirtschaftlichen und musischen Erziehung.

bemaltes Porzellangeschirr auf einem Tisch, dahinter eine Schublade mit Malutensilien
Das Porzellanmalen war ein wichtiger Teil des Unterrichts im Töchterinstitut Yalta in Zürich. Bild: Martin Zeller

Auch Mädchen aus dem Oberhaus besuchten solche Töchterinstitute. Eines davon war die 1890 geborene Bertha Bühler. Nach ihrer Konfirmation besuchte sie während einem Jahr das Institut Yalta im Zürcher Seefeld, bevor sie für ein weiteres Jahr in ein Töchterinstitut bei Lausanne geschickt wurde. Möglicherweise handelte es sich bei Letzterem um das Institut in Prilly, das bereits ihre Mutter Bertha Bühler-Reichling besucht hatte.

Von Berthas Zeit im Institut bei Lausanne wissen wir nicht viel, ausser dass sie dort ihr Französisch verbesserte und von der Institutsleiterin, einem gewissen Fräulein Brand, sehr angetan war. Aus der Zeit im Töchterinstitut in Zürich sind uns hingegen diverse dekorative Handarbeiten erhalten geblieben. Das Erlernen feiner Textiltechniken war ein Schwerpunkt der Ausbildung im Institut Yalta, ebenso wie das Bemalen von Porzellan und anderen Materialien.

Im Töchterinstitut Yalta hatte Bertha Bühler die wohlhabende Bauerntochter Hanna Boller aus Hinteregg kennengelernt und sich mit ihr angefreundet. Diese schien ihr eine gute Partie für ihren Bruder Albert zu sein, und so lud sie die beiden im Herbst 1916 auf eine Schifffahrt auf dem Zürichsee ein.

Solche Verkupplungsversuche waren keine Seltenheit zwischen Schülerinnen und Absolventinnen der Töchterinstitute. Bei gegenseitigen Einladungen lernten sie die Brüder der Schulfreundinnen kennen, wodurch sich viele Heiratspartien ergaben.

Auch der Kupplungsversuch von Bertha Bühler führte zu einer Heirat – allerdings nicht so, wie sie das ursprünglich angestrebt hatte. Zum Treffen mit Bertha und Albert nahm Hanna Boller ihre jüngere Schwester Hedwig mit, die ebenfalls das Töchterinstitut Yalta besucht hatte. Diese gefiel Albert Bühler so sehr, dass er nur wenige Wochen später um ihre Hand anhielt. Am 12. Juli 1917 – gerade einmal acht Monate nach ihrer ersten Begegnung – heirateten Albert Bühler und Hedwig Boller.

alte Schwarz-weiss-Fotografie von Hedwig und Albert Bühler-Boller als junges Paar, das gemeinsam einen Prospekt ansieht
Acht Monate nach ihrem ersten Treffen heirateten Hedwig Boller und Albert Bühler. Bild: Martin Zeller

Die Töchter von Albert und Hedwig Bühler-Boller, Hanna und Hedwig, wurden später ebenfalls in die Töchterschule in Zürich geschickt. Diese war in den 1930er-Jahren aber keine private Institution mehr, sondern ein städtisches Gymnasium. Während der Schulwoche wohnten Hanna und Hedwig jedoch im ehemaligen Institut Yalta, das mittlerweile nur noch eine Pension war, die von einer ehemaligen Schulleiterin geführt wurde.

Mehr zu den starren Rollenbildern für bürgerliche Frauen und den Töchterinstituten, die die Frauen der Familie Bühler besuchten, erfahren Sie im Buch «Mutters Museum» von Elisabeth Joris und Martin Widmer. Der Rolle der Frauen haben sie darin ein ganzes Kapitel gewidmet.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert