Ein Beitrag von Jonas Bühler.
Im Bestand des Oberhauses befinden sich einige kuriose Küchengeräte. Eines davon ist die sogenannte «Wägluegere-Schnätzli», eine Schneidemaschine für die Wurzeln der Wegwarte, auch bekannt unter dem Namen Zichorie oder Chicorée. Das Gerät steht auf dem Tisch in der ehemaligen Wäschekammer, wo meine Grosseltern die im Haus gefundene Kücheneinrichtung versammelt haben. Neben der «Schnätzli» stehen ein alter Kaffeekocher aus Kupfer und eine Metalltrommel, in der Kaffee geröstet wurde.
Die Anordnung ist nicht zufällig: Früher wurde Kaffee mit gemahlenen Wegwartenwurzeln gestreckt, da die aus dem Ausland importierten Bohnen teuer waren. Wegwarten hingegen fand man – wie es der Name bereits andeutet – überall am Wegrand. Im Herbst grub man die Wurzeln der blauen Blumen aus, schnitt sie mit der «Schnätzli» in Würfel und röstete sie. Bevor man einen Kaffee aufbrühte, mahlte man die Wegwartenwürfel zusammen mit drei bis vier Kaffeebohnen pro Person. Bei Besuch wurden der Mischung mehr Kaffeebohnen beigegeben.
Gut schmeckte der Wegwarten-Kaffee nicht. Die Wurzel soll zwar gesund sein, sie soll die Verdauung anregen, bei rheumatischen Beschwerden helfen und Hautkrankheiten lindern. Wegwarten-Kaffee ist aber sehr bitter und schwarz kaum trinkbar. Deshalb wurde er mit reichlich Milch versetzt – auf dem Hof war davon genug vorhanden.
Als im 20. Jahrhundert die Kaffeepreise fielen und die Bohnen erschwinglich wurden, hatte die Wegwarte als Kaffee-Ersatz ausgedient. Als Heilpflanze kommt die Wegwarte jedoch noch immer zum Einsatz. Und auch auf dem Teller landet sie regelmässig: Radicchio oder Endivien sind neue Züchtungen der Wegwarte, die früher dem Kaffee beigemischt wurde.