Ein Beitrag von Jonas Bühler.
Neben dem Oberhaus selbst befinden sich auf dem Oberhaushof verschiedene weitere Gebäude. Eines davon ist die Scheune aus dem Jahr 1893. Im Erdgeschoss, wo früher Kühe gehalten wurden, hat heute die Getreidezüchtung Peter Kunz ihr Labor. Der alte Heuboden ist als Lager vermietet.
Zur Scheune gibt es einen Bauplan, der uns in den Lebensspuren erhalten blieb. Dieser Plan mutet wie ein Kunstwerk an. In klaren, geometrischen Linien wurden sämtliche Ansichten und Schnitte in blaues Sandpapier eingeritzt. Kein Detail ging vergessen, jedes einzelne Mass ist im Plan ersichtlich.
Heute druckt man ganze Stapel von Plänen für ein derartiges Gebäude. Damals verstand der Zeichner die Kunst, sämtliche Informationen auf einem einzigen Blatt unterzubringen. Die Tiefe der Fundamente ist genauso definiert wie der Neigungswinkel des Daches, die Position der Fenster ebenso vorgegeben wie jene der Futtertröge für die Tiere.
Geplant wurde die Scheune vom Baugeschäft Emil Strehler in Wald in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof, der Vorgängerinstitution des heutigen Strickhofs. Die Scheune des Oberhaushofs wurde als eine Art Musterbau nach dem damals neusten Stand der Technik und der Wissenschaft gebaut. Als der Bau fertiggestellt war, wurden Besichtigungen mit Landwirten zu Ausbildungszwecken durchgeführt.
Wer genau den Bauplan gezeichnet hat, wissen wir nicht. Auf alle Fälle beherrschte die Person ihr Handwerk. Wenn man eine Bauzeichnung in Sandpapier einritzt, darf man sich keinen Fehler leisten. Ein einziger leicht verrutschter Strich, ein kleines Einreissen des Papiers, und man muss von Neuem beginnen.
Heute wäre es undenkbar, einen derart kunstvollen Plan für ein landwirtschaftliches Gebäude zu zeichnen. Niemand würde mit den heute zur Verfügung stehenden digitalen Zeichnungsmitteln noch die Zeit und Energie investieren, einen Bauplan in Sandpapier zu ritzen – ganz zu schweigen davon, dass wohl kaum jemand mehr in der Lage wäre, dies sauber zu tun. So dokumentiert dieser Plan für uns nicht nur die Architektur der Scheune, sondern auch die handwerkliche Fertigkeit, die zu seiner Erstellung nötig war.